Muttersprache: Stille Nacht
03.04.2018

Muttersprache: Stille Nacht

Meine Tischnachbarin schaut mich mit kreisrunden Augen an. Das Proseccoglas schafft nur die halbe Strecke zu ihrem Mund. Die Gute ist für einen Moment erstarrt. «Die Kleine schläft noch bei euch?», fragt sie nach kurzer Sammlung und stellt das Glas ab. Schluss mit lustig. Hier muss einer Hippie-Mama ins Gewissen geredet werden. Denkt sie. In weinseliger Laune hatte ich bei diesem Dinner mit Freunden von Freunden die wichtigste aller Small-Talk-Regeln vergessen: Rede nicht über Politik, Religion – und die Schlafgewohnheiten deines Kindes. Zu spät. Die nächste halbe Stunde höre ich mir einen Monolog an über Selbstständigkeit und zu kurz kommende Männer, übers Verwöhnen und über Disziplin. Kein Wunder ist der Prosecco nicht weit, wenn Mütter sich treffen. Denke ich. Derweil verkündet mein Gegenüber fanfarenartig, dass ihre Kleine schon mit drei Monaten ins eigne Zimmer gezügelt wurde und nach einigen durchweinten Nächten (erst vom Kind, dann von Mama) schnell Ruhe geherrscht habe. Und zwar bis morgens um acht. Mein Glas ist mittlerweile leer. In diesem Moment dort beim Dinnergeplänkel bin ich sehr zufrieden mit unseren Schlafgewohnheiten. Mein Kind schläft im eigenen Bett im Elternschlafzimmer. Nachts kommt es irgendwann rübergeklettert. So oft habe ich diese Gespräche schon geführt. Ich erzähle dann vom Mensch, der ein Herdentier ist, von Gesellschaften, in denen jahrelang in gemeinsamen Hängematten geschlafen wird und vom Glück, das ich spür, wenn meine Tochter nachts angekuschelt kommt. Manchmal schmatzt sie im Halbschlaf noch ein «Mamaaa» und das hört sich so zufrieden an, dass es mir vom Warm-ums-Herz-werden schwerfällt, wieder einzuschlafen. Das sind dann Nächte wie diese. Neben denen es aber auch die anderen gibt. In denen um die Decke gekämpft wird, ich plötzlich kleine Füsse im Gesicht habe oder einer von uns beiden zum Quatschen aufgelegt ist. So gegen vier. Äusserst selten bin das ich. Und doch schätze ich die schönen Momente mehr, als dass ich gerade etwas an dieser Konstellation ändern wollen würde. Weil sie besser zu mir und meiner Familie passt als irgendwelche Trainings. Und weil ich mir ziemlich sicher bin, dass ich noch viele, viele Nächte ohne dieses Kuschelkind im Bett liegen werde. Vielleicht werde ich diese Zeit dann vermissen. Vielleicht bin ich aber auch froh, mein Bett wieder für mich zu haben. Eines jedoch muss ich mir nicht vorwerfen: Unsere nächtliche Nähe nicht gebührend genossen zu haben.              

Wem das Thema Schlaf unruhige Nächte bereitet, dem sei an dieser Stelle ein Termin mit Susanna Fischer von der Familienpraxis Stadelhofen in Zürich ans Herz gelegt. Seit ich mit meiner Tochter einen PEKiP-Kurs bei ihr absolvierte, bin ich Fan dieser kompetenten Frau, die pragmatisch-klug zu Schreibabys, Erziehung und eben Schlaf berät. Interessant finde ich ihren Ansatz, dass es dabei um so viel mehr geht, etwa ums Thema Trennung und Selbstregulation. Eine der wichtigsten Lektionen, die ich von ihr mitnahm, ist die, dass ich als Mutter sicher sein muss in meiner Haltung. Dann kommts schon gut. So hab ich das zumindest abgespeichert. Das alles sind komplexe Bereiche, in die dieses kurze Interview nur einen kleinen Einblick bietet.  

Kann jedes Kind (Durch-)schlafen lernen?

Ja, das kann jedes Kind. Es sollte grundsätzlich genügend gesättigt sein. Babys mit einer Gedeihproblematik müssen dabei meist erst lernen, tagsüber mehr Nahrung zu sich zu nehmen. Das Kind sollte selbständig einschlafen, man sollte keine Einschlafhilfe geben, die nachts nicht mehr zur Verfügung steht und durch Weinen eingefordert werden muss. Wichtig ist auch die Selbstregulation tagsüber. Das Kind sollte immer wieder in einem ruhigen und entspannten, parasympathischen Zustand sein. Etwa 80% aller Schlafstörungen beruhen auf Regulationsstörungen. Ein Zeichen für zu viel Tagesschlaf ist es oft, wenn Kinder nachts topfit sind und spielen wollen.

Was tun, wenn das Kind jede Nacht ins Elternbett kommt,
ich das aber nicht möchte?

Es können viele Gründe ausschlaggebend sein: Meist hat es mit zu wenig ungeteilter Aufmerksamkeit und Nähe tagsüber zu tun, welche die Kinder nachts einfordern. Aber ebenso auch mit Eifersucht, wenn das Geschwisterchen auf die Welt gekommen ist, oder es geht um Ängste, die das Kind nachts im Traumschlaf verarbeitet. Dies ist eine Frage, die immer sehr individuell angeschaut werden muss, um dem Kind sowie den Eltern gerecht zu werden. 

Was hältst du vom Konzept Familienbett?

Das Familienbett ist für jede Familie die individuelle und somit richtige Entscheidung. Sollte aber nur ein Familienmitglied sich nicht wohl fühlen oder nicht wirklich gut schlafen können, ist es nicht mehr sinnvoll.

Das Kind zögert das Einschlafen ewig heraus,
mit Trinken, Singen, erzählen - was tun?

Die zwanzig Minuten nach dem Nachtessen soll die Familie als gemeinsame Zeit nutzen. Das heisst, dem Kind vor dem Einschlafen ganz viel Bindung, Nähe, Zuwendung, Aufmerksamkeit geben. Einfach durch Zuhören, Körperkontakt, man kann ein Puzzle machen, eine Kerze anzünden, Musik hören, Malen. Das Kind soll ruhig werden und die Nähe bekommen, welche es danach nicht mehr einfordern muss. Als Mutter oder Vater kann ich dann mit klarer, innerer Haltung und Sicherheit sagen: «Jetzt schläfst du, du hast alles gehabt, was du brauchst.»


Schönes zur Schlummerstunde

Süsses Schlafhemdchen für Babys

Schafft einen eignen Ruheraum, nicht nur im Elternschlafzimmer oder wenn sich Geschwister das Zimmer teilen

Verleiht sogar verschlafenen Müttern etwas Mondänes 

Der schwimmt mit ins Bett …

Gut bedeckt ist halb gewonnen

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