Nachhaltigkeit beginnt bei uns allen, sollte aber nicht da aufhören.
13.09.2019

Nachhaltigkeit beginnt bei uns allen, sollte aber nicht da aufhören.

Verdammt, laut Footprint-Rechner des WWF bräuchten wir, würde die gesamte Menschheit auf «solch grossem Fuss leben» wie ich, 3.33 Erden. Dabei habe ich kein Auto, wohne in einem Mehrfamilien-Minergie-Haus, esse wenig Fleisch und mein letzter Langstreckenflug ist eine Weile her, ein Kreuzfahrtschiff würde ich niemals betreten. Und doch: da stehen 3.33 Erden, die wir nicht haben, im Raum. Und irgendwie fühlt es sich in dem Moment an, als wäre es einfacher, den Mars bewohnbar zu machen, als unseren Planeten durch kleine Anpassungen meines Alltags zu retten. Ist es vielleicht schon zu spät, nicht fünf vor, sondern lange nach zwölf? Es schleicht sich dieses Gefühl ein, das ich noch gar nicht so lange kenne: die Scham darüber, meinem Kind diesen maroden Planeten zu hinterlassen, während ich mir selbst die nächste Avocado auf den Toast schmiere. 



Ziemlich wahrscheinlich bin ich mit diesem Gefühl nicht allein, meine Freunde benutzen alle fleissig ihre Jutebeutel statt Plastiktüten, fahren Velo und machen in diesem Herbst Urlaub im Toggenburg statt in Südafrika. Und doch – wenn ich zum 38. Mal von der Bekehrung zur Menstruationstasse aus Umweltgründen höre, packt mich der Zorn. Oder wenn ein Leo DiCaprio zum Umwelt-Papst stilisiert wird, der gleichzeitig mit seiner Riesenyacht die Weltmeere verpestet. Die fast kokett zelebrierte Flugscham, ohne dass sich was an unserem Verhalten ändert, macht mich sauer. Wir leben, als wüssten wir es nicht besser – und tatsächlich glaube ich nicht daran, dass wir als einzelne diese Erde retten können. Vielmehr sollten wir Politik und Unternehmen stärker in die Pflicht nehmen, die grossen Player. Wir sollten nachhaltig wählen oder gleich selbst Politik machen, Unternehmen boykottieren, denen Nachhaltigkeit egal ist und solche unterstützen, die danach handeln. Und wenn wir damit schon nicht die Welt retten, so sollten wir doch unseren Kindern ein Vorbild sein für einen achtsameren Umgang mit Ressourcen. Ich gefalle mir nicht mit erhobenem Zeigefinger, aber gefragt nach meinen Tipps für ein nachhaltigeres Leben fällt mir Folgendes ein:


Was mir nicht klar war:



Onlinevideos sind CO2-Schleudern. (Sehen Sie sich das hinterlegte Video also besser nur ein Mal an und erzählen Sies dann weiter.) Überlegen Sie sich vorm nächsten Serienmarathon, ob es an diesem Abend nicht vielleicht auch ein Buch tut. Grossartig sind etwa die Romane von Sally Rooney.


Was mir klar war, aber mit diesen einfachen Tricks
im Alltag umsetzbarer wird:



Tierische Produkte sind mit Abstand der umweltschädlichste Bestandteil der Ernährung, essen Sie mehr Früchte und Gemüse. Saisonale und lokale Produkte sind dabei grundsätzlich am nachhaltigsten. Besorgen Sie sich diesen Saisonkalender. Falls exotische Früchte, dann mit Bio-Label kaufen und aus fairem Handel. Bei Zitrusfrüchten sollten Sie darauf achten, dass sie in den warmen Regionen Europas gewachsen sind. Ganzjährig ohne Bedenken zu konsumieren sind Zwiebeln, Kartoffeln, Lauch, Karotten. Auch Chinakohl, Nüsslisalat, Kohl und Knollensellerie haben hier fast das ganze Jahr Saison. Schreiben Sie sonntags einen Menüplan für die Woche, das verringert Foodwaste. Und kaufen Sie auch hässliches Gemüse – die wahren Werte und so ... Ich habe leider selten Zeit, auf dem Markt einzukaufen, grossartig sind da die Gemüse-Abos, die mittlerweile viele Bauernhöfe anbieten. Trinken Sie das gute Schweizer Leitungswasser, mit Gurke, Ingwer, Beeren drin.


Was ich mir immer wieder klarmachen möchte:

In meinem Kleiderschrank hängen auch Fast-Fashion-Fummel. Je älter ich werde, desto mehr Wert lege ich aber auf Teile, für die ich mehr investiere, die ich hege und pflege und die ich über Jahre trage. Teile, die erst mit Patina so richtig schön werden. Investieren Sie in einen guten Schuster und einen geschickten Änderungsschneider, statt ständig Neues zu kaufen. Ich mache mir an dieser Stelle vielleicht keine Freunde, aber – der Online-Handel hat Shopping zum Zeitvertreib gemacht. Man wartet, beim Arzt, beim Coiffeur, aufs Tram und bestellt schnell einen Pulli, och, das Shirt ist auch ganz süss und die Hose da ist im Sale. Hopplahopp ist der virtuelle Warenkorb voll, geht ja so einfach und schleppen muss man auch nichts – bis das Paket dann daheim steht und man merkt, dass man eigentlich nichts davon braucht. Bulk-Bestellungen und Vollretouren sind für das Unternehmen und die Umwelt eine Belastung, die man beiden ersparen kann. Mein Trick: Bevor ich meine Bestellung abschicke, mache ich erstmal etwas anderes, eine kleine Atem-Meditation oder eine Maschine Wäsche (dabei fällt mir gleich auf, wie viel Zeug ich schon habe). Währenddessen geht der Shopping-Rausch ein wenig vorüber und ich schaue mit nüchternen Augen auf den Warenkorb. Zum Konsumverzicht möchte ich niemanden zwingen – hallo, ich arbeite für ein Modemagazin – aber zu mehr bewusstem Handeln anhalten. Ich möchte öfter überlegen, wo ich kaufe und was.



Mehr auf fair hergestellte Kleidung setzen und und Unternehmen unterstützen, die nachhaltig produzieren. Ich möchte mehr Secondhand kaufen, gebrauchte Klamotten kann man wunderbar weitergeben an Freunde oder an Kidis. Ich wünsche mir, dass wir uns mehr informieren und danach handeln. Denn das können wir dieser Tage, wenn wir es nur wollen.

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